Die Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltshonorare in Belgien

    [1] R. LENTZ, „Die Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltshonorare in Belgien“, SVR, 2008, S. 201

Seit dem 01.01.2008 ist in Belgien ein neues Gesetz über die Erstattungsfähigkeit von Rechtsanwaltshonoraren in Kraft getreten.[2]

In Zukunft erhält der Gewinner eines Prozesses unter gewissen Voraussetzungen einen Teil seiner Rechtsanwaltshonorare durch die unterliegende Partei zurück.

Bisher galt in Belgien die Regel, dass der Gewinner eines Prozesses nur eine so genannte Prozesskostenvergütung durch die unterliegende Partei erhielt. Diese Prozesskostenvergütung fiel jedoch sehr gering aus und deckte nur einen kleinen Teil der Anwaltshonorare.

Die neue Gesetzgebung sieht eine Tabelle vor, die verschiedene Tarife festsetzt, and die der Richter gebunden ist. Der Richter hat hier die Möglichkeit, einen Mindestbetrag, einen Basiswert oder einen Höchstbetrag je nach Streitwert festzulegen.

So kann der Richter einen Betrag einsetzen, der über dem Basiswert liegt, wenn er die Ansicht vertritt, dass die Angelegenheit komplex war und demzufolge einen größeren Arbeitsaufwand benötigte. Der Richter kann jedoch auch den Betrag reduzieren, wenn er z.B. die Ansicht vertritt, dass die unterliegende Partei guten Glaubens war und selbst finanzielle Probleme kannte.

Diese neuen Tarife beeinflussen in keinster Weise die Honorare, die der Anwalt von seinem eigenen Mandanten verlangen kann bzw. mit seinem Mandanten vereinbart hat.

Hier gibt es auch weiterhin keine verpflichtenden Barema.[3]

Auf einige Besonderheiten dieser neuen Gesetzgebung sei an dieser Stelle noch hingewiesen:

  • Im Sozial- und Arbeitsrecht gelten unterschiedliche Tarife, die unter den Tarifen der Zivil- und Handelsangelegenheiten liegen.
  • Wenn der Streitwert nicht bestimmbar ist, z.B. in einem Scheidungsverfahren oder einem Nachbarschaftsstreit, hat der Gesetzgeber eine Pauschale von 1.200,00 € als Basisbetrag festgelegt, mit einem Mindestbetrag von 75,00 € und einem Höchstbetrag von 10.000,00 €.
  • Für einen Freispruch in einem Strafverfahren erhält der Angeklagte vom belgischen Staat keine Vergütung. Hier vertritt der Gesetzgeber die Meinung, dass es nicht angebracht erscheint, einem Strafrichter Hemmungen aufzuerlegen, einen Angeklagten wegen mangelnder Beweise freizusprechen mit der Befürchtung, dass der Staat zur Kasse gebeten werden könnte.
  • Das neue Gesetz gilt auch für alle Gerichtsklagen, die bereits anberaumt wurden, jedoch nicht abgeurteilt worden sind.
  • Die Entschädigung wird nur für die anwaltliche Tätigkeit gewährt. Eine Prozesspartei, die ohne Anwalt auftritt, erhält demnach diese Vergütung nicht.
  • Die Vergütung zählt pro Instanz
  • Wenn die Hauptforderung mit Zinsen und Kosten vor der Eintragung der Angelegenheiten beglichen wird, entfällt die entsprechende Vergütung.
  • Bei einem Versäumnisurteil wird nur der Mindestbetrag gewährt.

Dieser Beitrag beinhaltet lediglich eine Übersicht der neuen Gesetzgebung, die in Belgien ab dem 01.01.2008 in Kraft getreten ist.

Für nähere Einzelheiten sollte die entsprechende Gesetzgebung konsultiert werden.

Allgemein wird dieses neue Gesetz in Belgien begrüßt, da somit eine Ungerechtigkeit bei Gerichtsverfahren abgeschafft wurde. Es handelt sich um eine übersichtliche, nicht komplizierte Regelung, die den Zugang zur Justiz leichter macht, gleichzeitig aber auch jeden zu mehr Verantwortung verpflichtet, da ein Gerichtsverfahren nunmehr mit erheblichen Kosten verbunden sein kann.

Tarife für die Rückerstattung von Anwaltskosten

Streitwert Basiswert Mindestbetrag Höchstbetrag
Bis 250,00 € 150,00 € 75,00 € 300,00 €
250,01 € – 750,00 € 200,00 € 125,00 € 500,00 €
750,01 € – 2.500,00 € 400,00 € 200,00 € 1.000,00 €
2.500,01 € – 5.000,00 € 650,00 € 375,00 € 1.500,00 €
5.000,01 € – 10.000,00 € 900,00 € 500,00 € 2.000,00 €
10.000,01 € – 20.000,00 € 1.100,00 € 625,00 € 2.500,00 €
20.000,01 € – 40.000,00 € 2.000,00 € 1.000,00 € 4.000,00 €
40.000,01 € – 60.000,00 € 2.500,00 € 1.000,00 € 5.000,00 €
60.000,01 € – 100.000,00 € 3.000,00 € 1.000,00 € 6.000,00 €
100.000,01 € – 250.000,00 € 5.000,00 € 1.000,00 € 10.000,00 €
250.000,01 € – 500.000,00 € 7.000,00 € 1.000,00 € 14.000,00 €
500.000,01 € – 1.000.000,00 € 10.000,00 € 1.000,00 € 20.000,00 €
über 1.000.000,01 € 15.000,00 € 1.000,00 € 30.000,00 €

 

N.B.: Der Autor möchte darauf hinweisen, dass die Tarife für die Rückerstattung von Anwaltskosten bereits indexiert wurden, das letzte Mal am 01.06.2016.

 

Streitwert Basiswert Mindestbetrag Höchstbetrag
Bis 250,00 € 180,00 € 90,00 € 360,00 €
250,01 € – 750,00 € 240,00 € 150,00 € 600,00 €
750,01 € – 2.500,00 € 480,00 € 240,00 € 1.200,00 €
2.500,01 € – 5.000,00 € 780,00 € 450,00 € 1.800,00 €
5.000,01 € – 10.000,00 € 1.080,00 € 600,00 € 2.400,00 €
10.000,01 € – 20.000,00 € 1.320,00 € 750,00 € 3.000,00 €
20.000,01 € – 40.000,00 € 2.400,00 € 1.200,00 € 4.800,00 €
40.000,01 € – 60.000,00 € 3.000,00 € 1.200,00 € 6.000,00 €
60.000,01 € – 100.000,00 € 3.600,00 € 1.200,00 € 7.200,00 €
100.000,01 € – 250.000,00 € 6.000,00 € 1.200,00 € 12.000,00 €
250.000,01 € – 500.000,00 € 8.400,00 € 1.200,00 € 16.800,00 €
500.000,01 € – 1.000.000,00 € 12.000,00 € 1.200,00 € 24.000,00 €
über 1.000.000,01 € 18.000,00 € 1.200,00 € 36.000,00 €
 Unbekannter Streitwert 1.440,00 € 90,00 € 12.000,00 €

 

Rechtsanwalt Ralph Lentz, Eupen (Belgien)1

 

 


[1]lentzralph@lentz-rechtsanwalt.be

[2]Gesetz vom 21.04.2007, veröffentlicht im Belgischen Staatsblatt (Moniteur Belge) vom 31.05.2007; der Königliche Ausführungserlass datiert vom 26.10.2007 und ist am 09.11.2007 im Belgischen Staatsblatt (Moniteur Belge) veröffentlicht worden

[3]Im belgischen Recht „Tarife“

 


 

Veröffentlichungen des gleichen Autors in

DAR, August 2003, S. 347: „Straßenverkehrsangelegenheiten in BELGIEN“

SVR 8/2008, S. 317: „Die Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltshonorare in BELGIEN

DAR, Oktober 2009, S. 606: „Personenschadenersatz in BELGIEN

DAR 5/2015, S. 248, S.248: „Unfallschadensrecht in Belgien

SVR, 2005, S. 201: Das belgische Schadenersatzrecht bei Verkehrsunfällen